„Holidays for Future“ – Eine Schülerexkursion über den Klimawandel
ein Beitrag von Elena Frank und Björn Soberg
„Unsere größte Herausforderung im 21. Jahrhundert ist es, die einstweilen noch abstrakt erscheinende Idee einer nachhaltigen Entwicklung zur Realität für alle Menschen dieser Erde zu machen“
(Kofi Annan, ehem. UN-Generalsekretär)
Im Jahr 2005 startete die UN-Weltdekade der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Im Zuge dessen entwickelten Bildungspolitikerinnen und -politiker, Schulleitungen sowie Lehrerinnen und Lehrer auf der ganzen Welt Konzepte, um Schülerinnen und Schüler für die Gebrechlichkeit der Systeme unserer Erde zu sensibilisieren. Die Auswirkungen des Menschen auf seine Umwelt in allen Lebensbereichen, angefangen bei der Produktion von Nahrungsmitteln über globale wirtschaftliche Zusammenhänge bis hin zur individuellen Freizeitgestaltung, wurden im Hinblick auf Nachhaltigkeit in den Fokus gerückt, untersucht und diskutiert. Entsprechend dem oben aufgeführten Zitat des ehemaligen UN-Generalsekretärs Annan, ist es die Aufgabe unserer Generation, unsere komplexe Welt so zu formen, dass sie langfristig generationen- und verteilungsgerecht ist. Dabei stellt die Bildung einen wichtigen Pfeiler dar, wenn es darum geht, die Bedeutung von nachhaltigem Handeln in das Bewusstsein der Gesellschaft zu bringen. FRAM verfolgt seit der Gründung ebendieses Ziel. Als Bildungsinstitution fördert es den Austausch zu umweltpolitischen, -ökologischen und -wirtschaftlichen Fragen, um eine fachlich fundierte Diskussion zu Nachhaltigkeitsthemen anzukurbeln. Zu diesem Zweck wurde letztes Jahr auch das Projekt „Wir werden Klimaforscher“ ins Leben gerufen. Oberstufenschülerinnen und -schüler erhalten hier die Möglichkeit, sich über verschiedene Kanäle zum Thema Nachhaltigkeit weiterzubilden. Neben Bildungsangeboten wie Vorträgen, die Mitarbeiter von FRAM an Schulen halten, ist das Herzensstück eine Exkursion in die Alpen, die den Heranwachsenden einen detaillierten Einblick in die Komplexität von Ökosystemen bietet. Hier stellen insbesondere die Gletscher – als Fieberthermometer Europas – ein imposantes Beispiel für die Auswirkungen des Klimawandels dar. Die Schülerinnen und Schüler bekommen dadurch die Gelegenheit, die Folgen des Klimawandels quasi vor der eigenen Haustür zu erforschen und erhalten durch die Kombination von fachlichen Inhalten, eigenen Untersuchungen und der gruppenbildenden Atmosphäre ein tiefes Verständnis für die Bedeutung und Schönheit des Ökosysteme in den Alpen.
Das Jan-Joest-Gymnasium der Stadt Kalkar hat sich dazu entschieden, seinen Schülerinnen und Schülern diese Erfahrung der besonderen Art zu ermöglichen. Die Schule hat das Potenzial aktueller Entwicklungen wie beispielsweise Fridays for Future erkannt und möchte mit „Wir werden Klimaforscher“ einen eigenen Beitrag zur Sensibilisierung für die Klimadebatte leisten. Das Projekt unterstützt die Grundmotivation der Schüler, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, und geht dabei noch einen Schritt weiter: Die Schülerinnen und Schüler werden zu Klimabotschaftern – Fachkundige in puncto Klimawandel in den Alpen und Vertreter klimafreundlicher Lösungen.
Die 13 Schülerinnen und Schüler des Jan-Joest-Gymnasiums Kalkar freuen sich bereits darauf dieses Jahr unter der Leitung von Dr. André Baumeister (FRAM) und Dennis Patz (Lehrer am Jan-Joest-Gymnasium) in die Alpen zu fahren und das „Fieberthermometer“ Europas durch eigene Messungen zu untersuchen. Der engagierte Lehrer für Erdkunde und Katholische Religionslehre wurde auf das Projekt über Facebook aufmerksam, einen der Kanäle, die André nutzt, um FRAM für ein breiteres Publikum greifbar zu machen. Die Rektorin des Jan-Joest Gymnasiums habe diese Idee „extrem positiv aufgenommen und war begeistert“, sodass bereits nach kurzer Zeit die Kommunikation zwischen FRAM und der Schule aufgebaut wurde. Die insgesamt 13 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sind kurz vor dem Projekt in den Alpen motiviert und sehen dies als Möglichkeit die im Unterricht theoretisch erarbeiteten Inhalte einmal vor Ort in forschender Praxis zu erarbeiten, um ein tieferes Verständnis für die Mensch-Umwelt-Beziehungen zu erlangen. Obwohl der Klimawandel und dessen Folgen schon seit Jahren ein prägender Bestandteil der Lehrpläne ist, werden die Chancen einer praktischen Arbeit innerhalb dieses Themenkomplexes nur selten ausgenutzt. FRAM sieht an dieser Stelle die Möglichkeit, genau die Generation zu erreichen, die in den nächsten Jahren einerseits maßgeblich vom Klimawandel betroffen sein wird, aber es andererseits auch in der Hand hat die Klimapolitik der Zukunft mitzubestimmen. Nur durch diese Sensibilisierung und Aufklärung bereits an der Basis des Bildungsweges, können viele Menschen erreicht und für ihr Konsumverhalten sensibilisiert werden. Dass die Möglichkeiten eines umweltsensiblen Verhaltens der Menschheit nämlich bereits bei jedem Einzelnen beginnen, haben auch die Oberstufenschüler und -schülerinnen aus Kalkar verstanden. Sie freuen sich am meisten darauf „in die Alpen zu fahren, wandern zu gehen und vor allem einen Gletscher zu sehen, da einem die Folgen des Klimawandels so viel besser vor Augen geführt werden“, berichtet Juliane van de Wetering, eine der teilnehmenden Schülerinnen.
Und auch ihr Erdkundelehrer Dennis Patz empfindet die Alpen als „faszinierendes Exkursionsziel, da man dort vieles entdecken und sich viele spannende Prozesse angucken kann“ und er plant dieses Projekt als Anstoß zu nutzen, um darauf aufbauend „noch etwas ins Rollen zu bringen“. Die Chance durch „Wir werden Klimaforscher“ weitere Anreize und Motivation für ein freiwilliges Engagement zu schaffen, ist ebenfalls eine der Triebkräfte des Projekts für FRAM. Hierzu würden auch Auszeichnungen, Einladungen zu Veranstaltungen, Artikel in der Presse, Ausflüge oder Exkursionen, auf denen man sich intensiver dem Thema Natur- und Ressourcenschutz widmen kann, zählen. Das wäre nicht nur für Schülerinnen und Schüler attraktiv, sondern führe auch zu einem Prestigezuwachs der teilnehmenden Schule.
Wie sich das eigene Bewusstsein für Klima(-schutz) durch ein solches Projekt in den Alpen verändern kann, durften 2018 bereits sieben Schülerinnen und Schüler der Matthias-Claudius-Schule Bochum erfahren. Sie waren die ersten Teilnehmer/-innen des Pilotprojekts „Wir werden Klimaforscher“ und bekamen so die Chance in der letzten Schulwoche vor den Sommerferien die Alpen unter der Führung von André Baumeister kennenzulernen und zu erforschen. Sie nahmen sich die zwei didaktischen Ziele der Schule „Herausforderung“ und „Verantwortung übernehmen“ zu Herzen, um sich so auch in Zukunft für unseren Lebens- und Naturraum einzusetzen. Das Schülerprojekt bestand dabei aus zwei zentralen Schritten:
- Eine Problemsensibilisierung durch die in den Alpen zusammengetragenen Materialien, die vor (Vorträge durch A. Baumeister, Infoabende), während (Social Media) und nach der Exkursion durch Vorträge, Broschüren und Lehrmaterialien stattfand
- Eine Zusammenstellung zahlreicher Lösungsansätze, die sich auf unser eigenes Handeln als Konsumenten beziehen.
Auf diese Art und Weise wurden die Schülerinnen und Schüler selbst zu „Klimaforschern“, aber auch zur „Klimabotschaftern“, die ihr Wissen auf unterschiedlichen Plattformen bereitstellten und teilten. Das Projekt war zudem so angelegt, dass in einer dauerhaften Arbeitsgruppe andere interessierte Schülerinnen und Schüler mitwirken und an zukünftigen Exkursionen teilnehmen können. Die Ergebnisse flossen zusätzlich in abiturrelevante Projektarbeiten ein.
„Ich habe an dem Projekt und der Exkursion teilgenommen, weil es mich interessiert mehr über den Klimawandel auf wissenschaftlicher Basis und für Schüler verständlich zu lernen, sowie dessen Auswirkungen hautnah zu erleben.“ Gracie Schürholz war eine der sieben Schülerinnen und Schülern der Matthias-Claudius-Schule, die bereits im letzten Jahr mit in die Alpen reisen durfte. Für sie war vor allem die praktische Erfahrung vor Ort ein ausschlaggebender Punkt, um Teil von „Wir werden Klimaforscher“ zu werden. Neben vielen fachlichen Informationen über die Alpen und Gletscher, sowie Einblicken in das wissenschaftliche Arbeiten, habe sie vor allem neue Erkenntnisse über den Klimawandel „und wie alles mit uns zusammenhängt“ mitgenommen. Bis heute betreut sie den Instagram-Account der „climate_ambassadors“, der Klimaforscher, wie sie die Teilnehmer des Projekts nennen und versucht auf Grundlage der gemachten Erfahrungen umweltbewusster zu handeln, auch wenn sie „nicht perfekt“ sei. Doch das erwarten André Baumeister und FRAM auch nicht von den Schülerinnen und Schülern. Sie sollen dafür sensibilisiert werden in welchen Beziehungen der Mensch mit seiner Umwelt steht und erkennen, wie sie die drohenden Folgen des Klimawandels auch auf ganz individueller Ebene bekämpfen können. Denn Klimaschutz und umweltfreundliches Verhalten beginnt nicht in Übersee oder bei den Nachbarn, sondern vor der eigenen Haustür.
Wir möchten uns in diesem Zusammenhang herzlich bei den Unterstützern dieses Projekts, dem Deutschen Alpenverein und den Sektionen Hamburg & Niederelbe und der Sektion Berlin bedanken.