Gerade noch rechtzeitig
Auch unser zweites Camp auf Spitzbergen war von Glück gesegnet. Traumhaftes Wetter ̶ für arktische Verhältnisse ̶ , zahlreiche Besuche der „Ureinwohner” und ein Quäntchen Nervenkitzel bescherten uns eine perfekte Spitzbergen-Exkursion.
Da das Archipel keine menschliche Urbevölkerung besitzt, sind natürlich die tierischen Besuche gemeint, die uns nahezu täglich heimsuchten. Nicht nur Polarfüchse und Rentiere gehörten zur stetigen Nachbarschaft im Camp. Auch Ringelrobben, Zwergwale, Delphine und Eisbären durften wir beobachten. Letztere begegneten uns sogar nicht zum ersten Mal. Nachdem das letzte Camp nur knapp dem Besuch einer Eisbärenmutter mit ihren zwei Jungen entgangen war, richtete sich in der Folgewoche die Bärenfamilie im Adventdalen bei Longyearbyen ein. Täglich wurden die Tiere in der Nähe der Siedlung beobachtet, und auch wir fanden die drei plötzlich im vorbeifahren schlafend in der Nähe der Straße vor. Die unmittelbare Nähe zu bewohnten Häusern veranlasste den Gouverneur dann aber doch dazu, die Bären mit dem Helikopter weiter in das Tal zu treiben. Ein ziemlich beeindruckendes Schauspiel, wenn ein Super-Puma-Helikopter drei Eisbären vor sich hertreibt.
Der Eisbärenbesuch im Wildniscamp blieb glücklicherweise aus, auch wenn ein männlicher Bär, nur wenige Kilometer von unserem Camp entfernt, in der Nachbarbucht gesichtet wurde. Den entsprechenden Nervenkitzel bereitete uns eher das Wetter. Starke Winde von 12 bis 15 Metern pro Sekunde machten es den Speedbooten unmöglich den Hafen zu verlassen. Die geplante Abholung aus der Ymerbukta war somit unmöglich, und wir saßen in der Wildnis fest. Eine Verlegung des Lagers an eine windgeschützte Stelle, und ein Notfallplan waren deshalb unumgänglich. Nur ein größeres Schiff inklusive Beiboot wäre dazu in der Lage gewesen, unter diesen Wetterbedingungen eine Rettungsaktion durchzuführen. Eine Kontaktaufnahme mit der Crew der Polargirl, die auf ihrem Weg nach Barentsburg auch an unserem Standort vorbeikommen würde, sollte deshalb unser letzter Ausweg vor dem Abflug in die Heimat bleiben. Es sollte jedoch bis zum letzten Augenblick spannend bleiben. Schon in Sichtweite musste die Crew noch, wegen des stetig zunehmenden Windes, über den Einsatz des Beibootes abstimmen.
Nass, erleichtert und unendlich glücklich konnten wir die Tage am Esmarkbreen dann doch auf der Polargirl ausklingen lassen. Neben einer warmen Mahlzeit und einem Drink in Barentsburg, wurde die zweite Exkursion durch das bereits gesichtete Eisbärenmännchen abgerundet, welches derweil seinen Weg in den Grønfjord auf sich genommen hatte.